Die satt-orangenen Sonnenstrahlen berührten die Gräser um mich herum, auch mein Gesicht – mit einem Grinsen setzte ich mich auf den Feldweg und sah dem längsten Tag des Jahres beim Verschwinden zu, dabei Gummibärchen essend. Oh man, sind wir bergauf gerannt, um diesen perfekten Moment noch ein wenig in Ruhe genießen zu können. Aber das Oefter Tal hat uns so fasziniert mit seinen wilden Wegen, dass wir dort etwas die Zeit vertrödelt haben und das hat bei einer Wanderung zur Sommersonnenwende quasi fatale Folgen, denn wenn die Sonne untergegangen ist, ist sie untergegangen. Machste nix!
Abendwanderung am Rande des Ruhrgebiets
Ich war mal wieder mit Tine unterwegs und während wir uns auf gemütliche Wanderschaft begaben, folgte die Sonne ruhig und unermüdlich ihrem Lauf. Wir liefen anfangs über einen wunderschönen Wiesenweg entlang der Felder, der uns schon jetzt erahnen ließ, wo wir am Ende unserer Wanderung einen herrlichen Sonnenuntergang würden erleben können – Es war also ‚nur‘ eine Frage des Timings, es dort auch hinzuschaffen.
Unsere Runde durchs NSG Oefter Tal im Süden der Stadt Essen umfasst gemütliche 9,8km mit 180Hm. Also für eine Abendwanderung eine gute Sache. Wir liefen mit unserer Brotzeit im Gepäck entgegen der vorgeschlagenen Routenrichtung, weil uns der Wiesenweg zu Beginn, oberhalb der beiden Bauernhöfe, so einladend erschien. Die fast brusthohen Gräser säumten den Pfad entlang der Felder, während unsere Blicke Richtung Ruhrgebiet wanderten und unsere Füße uns weiter trugen, bald hinab und immer weiter ins dämmrig werdende Naturschutzgebiet Oefter Tal.
Wenn der Weg zu Beginn noch breit und schottrig war, so wurde daraus schnell ein schmaler überwachsener Pfad, von Brennesseln gesäumt, und neben uns gluckerte der Oefter Bach. Umgestürzte Bäume versperrten das ein ums andere Mal unsere Route, es machte einfach Laune, drüber und drunter her zu kraxeln. Am Bach fanden wir dann sogar noch eine lauschige Stelle für eine gemütliche Pause – hier unten konnten wir leicht die Zeit vergessen, die Sonne kam mit ihren hellen Strahlen eh nicht mehr bis auf den moosigen Waldboden hinab.
Von Sonnenuntergängen und Gummibärchen
Aber wir hatten ja noch einen Zeitplan einzuhalten, daher fiel die kleine Verschnaufpause doch verhältnismäßig kurz aus, die Rucksäcke wurden wieder zurechtgerückt und dann ging es auch schon weiter.
Der Essener Süden ist hier an der Grenze zu Heiligenhaus geprägt von luftigen Mischwäldern und abwechslungsreicher Landwirtschaft. Für uns ging es entlang pittoresker Bauernhöfe, wir sahen wunderschöne Pferde ruhig grasen und lauschten den vielen Stimmen des Waldes.
Etwas irritierend war dann kurz vor dem finalen Anstieg der Golfrasen inmitten der Idylle – ah ja, im Haus Oefte traf sich wohl das ‚who is who‘ aus dieser Gegend, um Bälle zu schlagen. Nun gut, wir machten, dass wir schnell vorbei kamen, ignorierten die Menschen in Weiß mit ihren ulkigen Golftrolleys und philosophierten lieber darüber, ob wir wegen des Tages oder wegen der Wanderung müde waren.
Unser Weg folgte für einige Zeit dem Rommersbach – er bergab, wir bergauf. Und jetzt mussten wir langsam etwas Gas geben, um den Sonnenuntergang auf den Höhen noch mitzukriegen. Hab ich gerade was von müde gesagt? Dafür war leider keine Zeit. Im Sauseschritt ging es an unserem Ausgangspunkt vorbei, um wieder auf den schönen Feldweg zu kommen.
Und was soll ich sagen – dann war der Moment einfach perfekt: Die Ähren waren wie Gold in der untergehenden Sonne und wogen im sanften Abendwind hin und her. Wir waren nur Schatten im Spiel des Lichtes – der längste Tag des Jahres zerfloss langsam in seinen goldenen Strahlen. Wie schön kann bitte ein Sonnenuntergang sein? Da saßen wir zwei einfach nur. Schweigend und zufrieden. Die Tüte Gummibärchen zwischen uns war schnell leer und die Steine pieksten am Hintern, aber das war egal. Es war einfach nicht wichtig.
Ich habe es so sehr genossen, dem langen Abendlicht in dieser Form meine Gedanken mit auf die Reise geben zu können. Bis zum nächsten Jahr, liebe Sommersonnenwende, ich freu mich drauf.