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Fulminante Gratwanderung in den Tuxer Alpen

Vor mir lag der Schottergrat halbmondförmig wie ein schweißtreibendes Versprechen. Es gab Wegmarkierungen, aber wenige. Diese Rundwanderung habe ich so in keinem Buch oder online gefunden: fast 17km, mehr als 1.200Hm und eine Fernsicht zum Niederknien.

Sie war so genial, dass ich sie auch nach einigen Jahren noch fest im Herzen trage und die Zeit nun gekommen ist, sie zu verbloggen. Danke, Tuxer Alpen, dass ihr mir so einen perfekten Bergtag geschenkt habt. Die GPX-Daten habe ich nacherfasst, sie stehen unterm Beitrag.

Über den felsigen Halbmond zwischen Kreuzspitze und Gamslauer Spitze

Wir folgten einfach Franka, sie sagte, dass sie diese Tour bereits im Winter mit Schnee gegangen sei und dass es jetzt im Sommer auch herrlich sein müsse. Eine Tagestour wird’s werden und sie versprach uns herrliche Ausblicke ins Karwendel. Wir starteten gemütlich in die Tour vom Meissner Haus aus und wanderten einfach erst einmal das Tal hoch. Die Kreuzspitze mit 2746m ganz am Ende, ganz weit oben, war unsere erste und auch höchste Wegmarke. Zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass die Rundtour uns perfekt zum Sonnenuntergang zur Hütte Boscheben führen würde und wir dort einen spektakulären Sonnenuntergang überm Karwendel würden erleben dürfen. Aber an manchen Tagen ist nunmal einfach alles perfekt.

Uns begleiteten einige Kühe, die gemütlich auf der Alm ruhten oder sich im Bergsee erfrischten. Es war ein zäher Anstieg ohne Bäume, mit viel Sonne und Schotter. Als die Höhenmeter anfingen wirklich anstrengend zu werden, schaltete ich in meinen Eselsgang, summte ‚Eisgekühlter Bommerlunder‘ vor mich hin und setzte stoisch einen Fuß vor den anderen.

Abkühlung zwischendurch

Natürlich waren wir in der Mittagshitze aufgestiegen, was anderes ist uns bei dem gemütlichen Aufbruch am Morgen nicht übrig geblieben, es wäre natürlich klüger gewesen früher aufzubrechen, aber naja, dann wäre es nicht so schön gemütlich gewesen. Umso ausgiebiger chillten wir unser Leben im kargen Gipfelkreuzschatten der Kreuzspitze. Von hier konnten wir fast unsere gesamte Route überblicken: der halbmondförmige Grat führte uns über die Gamslauer Spitze (2681m) zum Glungezer (2677m), hinab zur Jausenzeit an der Glungezer Hütte und weiter entlang der Viggarspitze bis zu Boscheben.

Der gesamte Grat war eine reine Schotterwüste – wir mussten auf Händen und Füßen kraxeln, um vorwärts zu kommen und die Wegmarkierungen waren echt nicht immer einfach zu sehen. Wieder und wieder versperrten uns große Steine die Sicht auf den nächsten roten Wegpunkt. Um mich kurz zu fassen: es war wundervoll! Tief unter uns sahen wir den mühseligen Weg, den wir vormittags hochgewandert sind, vor meiner Nase forderte der Grat uns fabelhaft heraus und weit in der Ferne thronte mit schneebedeckten Gipfeln das starke Karwendel. Die Fernsicht war an diesem Tag herrlich und der Duft der warmen Zirben wehte zu uns aus dem Tal herauf. Mit jedem Schritt, den wir dem schottrigen Halbmond abgewinnen konnten, näherten wir uns der Glungezer Hütte für eine verspätete Jause. Ich war trittsicher, voller Energie und fühlte mich einfach saugut.

Wir passierten die Gamslauer Spitze, aber im Grunde war es nur ein kurzes Date dort, denn die Felsen zogen uns magisch an, weiterzukraxeln. Je rauer und staubiger meine Hände wurden, desto entspannter wurde mein Geist. Ich fokussierte mich auf die Hitze, den Fels und die fröhlichen Foto-Momente mit Nico und Franka. Je weiter die Sonne am Firmament ihre Bahnen zog, desto prächtiger wurden die Farben.

Auf dem Zirbenweg dem Sonnenuntergang entgegen

Als wir an der Glungezer Hütte ankamen, gierten wir drei auf ein kühles Radler und eine ordentliche Brotzeit. Ich sag euch, wir kamen uns nach der markierungsarmen Gegend wie halbe Pioniere vor. Ok, zugegeben, das ist nun etwas übertrieben formuliert, dennoch stellte sich bei mir ein super zufriedenes Gefühl ein. Wir mussten uns bald gegenseitig aufraffen, um nicht auf der Hütte zu versacken – es war einfach zu gemütlich und die Tour bereits phantastisch. Zum Glück sind wir weitergegangen, denn uns sollte noch ein fulminanter Sonnenuntergang erwarten.

Die Viggarspitze schenkten wir uns, wir hatten schon genug Höhenmeter für heute in den Beinen und wollten ja noch zu einer halbwegs annehmbaren Zeit wieder am Meissner Haus sein. Also wanderten wir weiter auf dem Zirbenweg Richtung Boscheben. Wir liefen auf einem Grat, aber wir liefen fast wie in einem kleinen Hohlweg, da unser Grat mittig eine kleine ‚Wanderkuhle‘ hatte. Perfekt, um auch Murmeltieren und Dohlen bei ihren abendlichen Routinen zuzuhören. Am Ende mussten wir uns etwas sputen, um das Karwendel im Alpenglühen zu sehen, und schafften es gerade rechtzeitig an Boscheben anzukommen.

Abstieg im Dunkeln mit Bierchen

Natürlich blieben wir oben, bis die Sonne lange hinter den Bergen verschwunden war. Natürlich wussten wir, dass der Abstieg über den Forstweg machbar, aber nicht ultra genial werden würde. Aber wir hatten Stirnlampen dabei und hatten uns beim Sonnenuntergangsspektakel gut ausruhen können. Als wir als hüpfende Glühwürmchen durch den Wald abstiegen, bekam Franka eine kurze SMS: Braucht ihr Motivation? Ich komme euch mit Bier entgegen.

Wow, das ließen wir uns nicht zweimal sagen und erhöhten nochmal unser Tempo, um dem Bier schneller näher zu kommen. Ihr Freund kam uns im dunklen Wald entgegen, wir legten noch eine gemeinsame Pause ein – davon darf es nie zu wenig geben – und machten uns dann gestärkt und fidel an den restlichen Weg. Zurück auf der Hütte fielen mir gefühlt einfach die Füße ab, als ich aus meinen Bergstiefeln stieg. Ich realisierte die 1200Hm, genehmigte mir deftige Knödel und einen Kakao mit Rum, versuchte vergeblich eine Runde Ligretto zu gewinnen und fiel dann einfach nur noch um im Matratzenlager. Und ich versichere euch, ich grinste die ganze Nacht.

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