von Outdoorgourmand
Meine Einstellung hinsichtlich meiner Ausrüstung lässt sich wohl – soviel Selbstreflexion muss sein – am besten mit dem Begriff ›Dickkopf‹ beschreiben: So auch bei meinem Rucksack. Seit dem Jahr 2006 begleitet mich ein Jack Wolfskin Denali 80 (70+11 L) auf all meinen Touren. Egal ob mehrtägige Touren mit Zelt, Ausrüstung, Kleidung und Proviant oder nur einer ausgeprägten Tageswanderung mit etwas Verpflegung, Regenponcho und Wechselshirt – mein in den meisten Fällen viel zu groß und zu schwer geratener Rucksack war immer (zumeist nur bruchteilhaft befüllt) dabei. Die zahlreichen Anmerkungen meiner Begleiter – gleich ob spöttischer oder besorgter Natur –, dass dieses Monstrum doch wahrlich meistens zu viel des Guten sei, verhallten ungehört.
Neuer Wind an meinem Rücken
Auf Dauer aber muss wohl auch ich einsehen, dass solch ein Lastenriese nicht der ideale Partner für jede Tour ist. Eine miserable Balance besonders mit Teilbeladung, sperrige Ausmaße von 75 x 35 x 23 cm, das beachtliche Leergewicht von fast 3 kg, unzureichende Belüftung, wenige Außentaschen etc. etc. Aber was nun? Die meisten Daypacks bewegen sich so ca. bei 20 Liter Fassungsvermögen, so dass ich mich der chronischen Angst ausgesetzt sehe, zu wenig Stauraum zu besitzen. Schließlich will man(n) ja auch ein wenig Spielzeug und Equipment für alle denkbaren Eventualitäten (Kochen über offenem Feuer, Fotoausrüstung, etc.) mitnehmen können. Aber auf der anderen Seite muss so ein Rucksack ja auchsportliche Belastungen wie Klettersteige, anspruchsvollere Wanderungen, etc.mitmachen. Lange Rede, kurzer Sinn – ich suchte nach der eierlegenden Wollmilchsau unter den Rucksäcken.
Nach ausgiebigen Recherchen konnte der Kreis der Bewerber auf eine Hand voll Modelle eingegrenzt werden, unter denen dann der Hybrid-Touren-Rucksack Mammut CreonPro das Rennen machte – ein Schelm, wer glaubt, dass mögliche Parallelen zwischen den Eigenschaften des Trägers und des Markentieres ausschlaggebend waren… Passend zum neuen Sommerwanderjahr (wo ist das eigentlich aktuell hin?) und motiviert durch die Arbeiten meines Outdoormädchens ging es daran, den Creon Pro auf Herz und Nieren zu prüfen – also erst einmal genug der Viecherei.
Fakten:
- Gewicht 1540 g
- Maße 69 x 30 x 20 cm (Toploader)
- Volumen: 38 L
- Preis 130 € UVP d. Herstellers
- Taschen: Bodenfach, Fronttasche, zwei seitliche Strechtaschen, Hüftgurttasche
- ›4 Stream M Vario DLT‹-System, um zwischen Körperkontaktrücken (Lastenkontrolle) und Netzrücken (Belüftung) wählen zu können
- Höhenverstellbarer Deckel (plus Innen- und Außentasche)
- Seitlicher Reißverschluss zum Hauptfach
- Außenhalterungen mit Klettverschluss für Trekkingstöcke oder Eispickel
- seitliche und obere Kompressionsriemen
- integrierte und abnehmbare Regenhülle
- Trinksystem (nachrüstbar)
- Abnehmbarer Innenbeutel für Abfall oder Schmutzwäsche
Tourenverhalten:
Der Rucksack hat sich im Einsatz besonders durch seine sehr gute Lastenkontrolle ausgezeichnet. Selbst bei Volllast ermöglicht die Kombination aus Netzrücken und Vario-System eine exzellente Belüftung – lediglich an den Auflagepolstern staut sich die Hitze. Die körpernahe Position des Rucksacks gibt dem Träger auch bei „akrobatischen“ Manövern ein Gefühl der sicheren Körperbeherrschung.
Aufgrund seiner großen Öffnung lässt er sich sehr gut packen und erlaubt es, in seinen Außentaschen auch größere Flaschen oder Ähnliches zu transportieren. Der seitliche Eingriff in das Hauptfach ist ein echter Clou: Selbst bei einem ideal gepackten Rucksack kann es zu der Situation kommen, dass man ausgerechnet und völlig unvorhergesehen den Gegenstand braucht, der irgendwo (fast) ganz unten im Hauptfach verstaut ist. Anstatt den Rucksack erst mühsam auspacken und dann wieder einpacken zu müssen, reicht es nun, ihn flach auf den Boden zu legen und den Gegenstand durch den seitlichen Eingriff zu entnehmen.
Zusätzlich ist mir positiv aufgefallen, dass das Tragesystem des Creon Pro gut aufeinander abgestimmt ist. Der Hüftgurt und die Schultergurte sind weder zu schmal noch zu breit; sie schneiden nicht ein, wirken jedoch auch nicht wie Wärmepflaster. Unabhängig davon, ob man mit Volllast oder kleinem Gepäck unterwegs ist; der stabile Rückenrahmen verhindert, dass die Gurte verrutschen und so scheuern könnten. Diese vorbildliche Kombination tröstet darüber hinweg, dass der Bauchgurt selbst nicht abnehmbar ist, was den Hybrid-Rucksack gerade für Tagestouren mit sehr wenig Gepäck noch attraktiver machen würde. Mammut hat dieses Manko jedoch bereits erkannt und beim Nachfolgemodell behoben. Außerdem sind die Spanngurte für das von außen verstärkte Deckelfach so großzügig lang gewählt, so dass man eine beträchtliche Menge Zusatzkleidung unter diesem festzurren kann. Dabei sitzen – wie grundsätzlich – sämtliche Spannvorrichtungen zuverlässig fest.
Ein paar Kleinigkeiten sind mir jedoch auch negativ aufgefallen:
Das integrierte Rückengestell des Creon Pro verhindert zwar ein Verrutschen der Gurte und gewährleistet das gute Trageklima, doch sorgt es gleichzeitig dafür, dass der Rucksack auch bei minimaler Beladung beträchtliche Ausmaße hat. Das ist nicht wirklich schlecht, sollte beim Kauf jedoch bewusst sein. Hinzu kommt, dass das Rückengestell gerade bei geringer Tragelast quietscht und knarzt – nicht besonders laut, aber bei jedem Schritt und genau neben meinen Ohren… Ich habe jedoch das Gefühl, dass dieses Störgeräusch mit jedem Tragen weniger wird; ich werde die Entwicklung beobachten und hier dokumentieren.
Aufgrund seiner hohen Rückenposition beengt das Deckelfach selbst ohne Zusatzlast die Kopffreiheit ein wenig. Außerdem ist ein Rücken mit Einheitseinstellung immer ein kleines Glücksspiel. Bei mir (1,82 m) passt der Creon wirklich exakt – als hätte er nur auf mich gewartet. Mammut hat diesen Komfortnachteil ebenfalls erkannt und bietet beim Nachfolgemodell drei Einstellmöglichkeiten.
Bewertung:
In der Summe hat sich die Entscheidung für dieses vielseitige Lastentier eindeutig gelohnt. Diesen großartigen Kompromiss zwischen sportlichem Daypack und unermüdlichem Lastentier mit großer Reichweite kann ich guten Gewissens empfehlen. Zwar müssen wir uns noch ein wenig aneinander gewöhnen und hin und wieder meint der eiszeitliche Dickhäuter auch protestierend grunzen zu müssen, doch bin ich mir absolut sicher, mit dem Creon Pro eine gute Wahl getroffen zu haben.