Aussichtsreiche Kraxelpartie in den Vogesen – der Sentier des Roches

 

Huch, da geht’s ganz schön runter. Meine Finger suchten an der Felswand dann doch nach dem Eisengeländer, das Sicherheit versprach.

Meine Augen blickten aber weiterhin fasziniert über den Steig und sogen alle Eindrücke tief in sich ein.

 

Einstufung des Geländes auf dem Felsenpfad

Auf unserer Wanderkarte ist der Felsenpfad in den Vogesen als Klettersteig gekennzeichnet. Im Rother Wanderführer ist er eine von zwei anspruchsvollen Touren. Klingt also definitiv nach einem Weg fürs Outdoormädchen. Der Sentier des Roches führt selbst nur über ca. 3km, danach kann man aber die Tour beliebig weiterführen oder auch einfach zurückkraxeln.
Wir entschieden uns für die im Rother vorgeschlagene Route und nahmen diese 10km Tour quasi als Einstieg in unser Oster-Wochenende in den Vogesen.

Über Stock und Stein bis zum Hohneck

le Hohneck und der sentier des roches

Ich hatte an diesem Tag nur meine Salomon an, weil ich mich ja im Mittelgebirge wähnte. Na ja, ich empfehle im Nachhinein schon, Bergwanderschuhe zu tragen. Dadurch vermeidet man blöde Kratzer an den Knöcheln und man kann einfach latschen. Die Hände haben nämlich genug zu tun, um an der Wand zu bleiben.
Klingt das jetzt nach mega viel Aufregung und Adrenalin? So weit würde ich nicht gehen. Der Rother sagt von seiner eigenen Kategorisierung der Tour, dass man auf jeden Fall trittsicher und schwindelfrei sein muss. Da stimme ich ihm definitiv zu, aber zur Kategorie Klettersteig zählt er definitiv nicht. Wenn man die Tour anders herum laufen möchte, wie Alex es getan hat, braucht man für den Felsenpfad auf jeden Fall noch Konzentration. Unterschätzt den Weg bitte nicht.

Mir hat der Sentier insgesamt mordsmäßig Spaß gemacht.

Vom Parkplatz bei Col de la Schlucht steigt recht schnell am Felsen ein. Die Markierung ist ausgezeichnet und lässt sich nicht verfehlen. Früher hieß der Pfad auch mal Strohmeyer-Pfad (die Franzosen können das nur nicht aussprechen, daher wurde der Name geändert – meine Vermutung). Auf diese Beschilderung kann man also auch achten. Der Vorteil an so einem ausgesetzten Steig ist aber, dass man einfach nicht so viele Verlaufmöglichkeiten hat.
Die 3km entlang des Hauptmassivs der Vogesen sind ein absolutes Vergnügen. Meist ist der Weg nicht weit im Voraus einsehbar, weil es immer wieder um Ecken und noch mehr Ecken geht. Entlang an Eisengeländern und über stabile Brücken sucht man sich seinen Weg. Immer wieder haben wir inne gehalten, um die Sicht ins Vallée de Munster zu genießen. Wir hatten nicht die beste Weitsicht, aber zum Staunen reichte es allemal.
Urplötzlich taucht auf einem kleinen Felsvorsprung ein Rastplatz mit Sitzgruppe auf. Hieran erkennt man wohl, dass sich hier an besseren Tagen übelst viele Wanderer entlangschieben.
Wir hatten an jenem Karfreitag aber richtig Glück und begegneten nur drei französischen Jungs, die sagten, dass wir uns den schwersten Trail ausgesucht hätten. Meine Antwort war nur, dass es ja auch der schönste sein soll. Klar sind wir dann am Start!

le Hohneck und der sentier des roches

Nach einigen weiteren Stufen, einer Felsdurchquerung und ein paar Höhenmetern war der spannendste Teil der Tour dann auch schon vorbei. Langsam läuft man sich auf einer Hochweide aus, um für eine kurze Rast an der Frankenthal-Hütte anzuhalten. Die Aussicht an diesem Plätzchen ist so wunderschön! Zum einen sieht man hoch oben auf dem Kamm de Hohneck die noch ausstehende Route (und die damit verbundenen Höhenmeter), auf der anderen Seite schaut man hingegen immer noch ins Tal, das erst sanft und dann recht steil vor einem abfällt. Das Klettergebiet ‚Martinswand‘ ist von hier aus auch gut einzusehen – wir aber wenden uns weiter dem Wanderpfad zu und folgen ihm hinauf in schweißtreibenden Serpentinen.

Entenhausen kam später: die Grotte Dagobert

le Hohneck und der sentier des rochesAuf halbem Weg nach oben kann man einen Abstecher zur Grotte Dagobert machen. Hier soll sich im 16. Jahrhundert König Dagobert vor seinen eigenen Gefolgsleuten versteckt haben, da er mitbekommen hat, wie sie hinterrücks besprachen, wie man ihn am besten beseitigen könnte. Das Ende vom Lied für diese beiden war dann der Tod durch Ertrinken.
Die Höhle selbst ist wenig spektakulär. Wer aber gern wie ich überall herumturnt, sollte diesen Abstecher definitiv mitnehmen. Dort in der Dunkelheit zu sitzen und dem tropfenden Wasser zu lauschen, ist einfach einzigartig.
Rasch geht’s wieder auf den Hauptweg zurück und immer weiter hinauf, bis man die Baumgrenze passiert und an der Schäfertahlhütte verschnaufen kann. Von hier aus ist man in wenigen Minuten auf dem Sattel zwischen dem Hohneck und dem Petit Hohneck. Demonstrativ steht genau dort auch ein Wegweiser – 10 Meter weiter noch einer, 3m weiter noch einer. Also mit Schildern wurde nicht gespart.
Da sich die Wolken aus dem Tal immer weiter hochschieben und zunehmend bedrohlicher wirken, sparen wir uns den Abstecher zum Petit Hohneck.  Wir bewahren uns aber das Versprechen, wiederzukommen! Wir biegen also ab und erklimmen die letzten 120 Hm zum Hohneck. Auf ausgetretenen Wegen findet man bei jeder Witterung die richtige Richtung. An anderen Tagen wäre es wohl eine super aussichtsreiche Kammwanderung geworden. Na ja, eine Kammwanderung war es ja immer noch. Der wind wurde zunehmend frischer und zerrte an unserer Ausrüstung.
Auf dem Hohneck liegt die höchstgelegenste Bewirtschaftung der Vogesen. Ein heißer Kakao wäre super und gab mir Ansporn.

le Hohneck und der sentier des roches
Glücklich auch bei keiner Aussicht

 

Pardon – noch keine Saison

Schade nur, dass für die Wirtschaft die Saison noch nicht angefangen hat und sie noch mitten im Umbau
steckte. Es fing an zu regnen, die Sicht wurde schlechter.
Ein absoluter Vorteil dieser beiden Faktoren war aber, dass es so wie leer war. Ich bekam Gänsehaut bei der Vorstellung, wie viele Busse hier im Sommer entlangdüsen. Dann doch lieber kein Kakao und meine Ruhe.
Der Abstieg: je tiefer wir hinabstiegen, desto tiefer kamen auch die Wolken
Auf Wegen, breit für zwei Elephanten oder 6 Rollatoren, wanderten wir den Kamm weiter entlang, diesmal mit stetigem Abstieg. Wir genossen auch bei fiesem Wind den Kamm in vollen Zügen. Der Boden war an vielen Stellen sandig… hier muss an guten Tagen ja der Teufel los sein.
Wir tauchten bald in die Baumgrenze ein und gleichzeitig in die Wolkenschicht. Ein knorriger Wald mit noch kahlen Bäumen nahm uns in seine Arme auf. Diese einsame Schönheit ließ uns noch einmal innehalten, bevor wir uns zügig Richtung Col de la Schlucht wandten. Kurz vor dem Pass begann es in Strömen zu gießen oder wie die Franzosen sagen würden: il pleut comme vaches qui pissent! (Es regnet, als würden Kühe pissen!).
In diesem Sinne: wir kommen definitiv wieder. Die Gegend ist bezaubernd mit dem harten Kontrast zwischen bewaldeten Hängen, ausgesetzten Felsnasen und saftigen Hochweiden.

Noch mehr Fotos gibt es auf meiner Facebook-Fanpage.
Zur fast alpinen Wanderung um den Hohneck geht’s hier.

le Hohneck und der sentier des roches
Auf dem Sattel zwischen le Hohneck und le petit Hohneck

 

6 Kommentare zu “Aussichtsreiche Kraxelpartie in den Vogesen – der Sentier des Roches

  1. Bei uns war das Wetter recht schön und deshalb auch gleich wesentlich mehr los…Man möchte sich wirklich nicht vorstellen, was dann auf dem Hohneck wohl etwas später im Jahr los ist! Liebe Grüße!

  2. Das ist wirklich eine der schönsten Touren in Vogesen wie ich finde, vorausgesetzt man erwischt einen Tag mit wenig Wanderen. Beim letzten Mal hat es uns auf dem Hohneck schier umgeblasen, so stürmisch war es dort :-)
    Danke für den Bericht!

  3. Durch Zufall bin ich gerade auf deinen Blog mit diesem Artikel gestoßen und erinnere mich zurück an meine eigene Tour, die aber über den Lac Schiessrothried führte.. Die Landschaft mit ihren Aussichten ist wundervoll.. Im Sommer empfehle ich jedem ein Stück Tarte aux Myrtilles in der Auberge zu verspeisen (die Heidelbeeren sind wild gesammelt und eine gute Energiespende für den Abstieg)

    1. Hey,

      den Lac de Schiessrothried haben wir uns geschenkt, weil wir nicht noch einmal ganz runter und wieder gaaaanz hoch wollten ;)
      Oh làlà – eine Tarte aux Myrtilles ist ein super leckerer Tipp! Ich habe auch einmal selbst welche in den Pyrenäen gesammelt und daraus eine absolut leckere Tarte à la francaise gemacht! Ein Traum!

      Liebe Grüße,
      Corinna

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