In 2 Tagen im Seekajak durch den bekannten Lysefjord
Still glitzern die Wasserreflexe am Felsüberhang, während wir in unseren Kajaks vorbeiziehen und die Sonne begrüßen, die wir uns für Norwegen so sehr gewünscht haben. Mein Paddel taucht fast wie von selbst ins türkisfarbene Salzwasser ein, hebt sich heraus und vollführt seinen geschmeidigen Tanz ebenfalls auf der anderen Bootseite. Während die Arme automatisch ihre Arbeit verrichten, schweift mein Blick immer wieder hinauf zu hohen Wänden, hinab zu nass glitzernden Felswänden, weiter in die Ferne, den Fjord entlang.Auf dem Lysefjord
Ich sitze in einem roten zweier Tourenkajak und genieße die Stille. Hinter mir im Boot paddelt Nico seelenruhig weiter, eine kleine Pause sei mir vergönnt, denn die Tour wird noch etwas länger gehen. Wir sind unterwegs auf einer 2-tägigen Seekajak-Tour in Norwegen. Genauer gesagt, auf dem Lysefjord, den wir in seiner vollen Länge von 42km erpaddeln wollen. Zusammen mit drei weiteren Wasserratten und Kylie von
bigwallkyaking starteten wir im verschlafenen Örtchen Lysebotn und staunen schon bald über die gewaltigen Wassermassen, die sich die Fjordwände hinunterstürzen. Gestern hatte es geregnet, als wollte es kein Ende geben, sodass wir heute Wasserfälle an Stellen haben, die sonst trocken waren. Norwegen, Du verzauberst mich!
34km am ersten Tag
Kylie sagt, dass das Wetter an unserem zweiten Tourtag schlechter werden sollte. Wir wollen also heute
möglichst viel Strecke schaffen. Mehr als die Hälfte sollte es definitiv werden, aber dass wir 34km hinlegen würden, war uns vorher nicht klar gewesen. Aber es paddelte sich auch einfach so gut!
Håheller – fast klingt es wie der Name einer Ruhestätte für die Gefallenen der Wikinger. Dabei handelt es sich im Lysefjord nur um unseren ersten Stop an diesem Tag. Gut 8 km haben wir nun hinter uns. Das erste Mal seit unserer Ankunft hier suche ich die Sonnenmilch heraus. Wir befinden uns zur Rast auf einer kleinen Wiese, eingefasst von den hohen Wänden des alten Fjordes. Nur zu Fuß oder per Boot kommt man an dieses Fleckchen wunderschöner Erde. Ein Bauer lässt hier seine Schafe verweilen, friedlich grasen sie vor sich hin und beachten uns nicht sonderlich.
Nur über ein Schaf stolpere ich fast drüber. Genau vor mir steht es und schaut mich nicht einmal an. Es steht einfach nur da, direkt am Wasser und zittert. Jetzt macht sich Kylies Kindheit auf einer Schaffarm bezahlt – mit einem routinierten Griff packt sie das Schäfchen unter dem Bauch und trägt es hinauf auf die Wiese, auf’s warme Gras. Hier kann es sich hoffentlich erholen.
Unsere Truppe streunt derweil umher, die verlassene Farm mit ihren zerbrochenen Fensterscheiben und der abblätternden Farbe ist ein Schmuckstück für sich. Hier herrscht Ruhe. Tiefe, sonnige Ruhe.
Aber uns zieht es weiter. Heute wollen wir noch einige Kilometer im Kajak zurücklegen und wir sind noch lange nicht schlapp. Kylie schiebt uns rückwärts wieder ins Wasser. Das Lenkruder klappt herunter, sobald wir im tieferen Wasser sind. Dann heißt es wieder paddeln.
Wir kreuzen eine lange Wand mit Kaskaden. Meter um Meter reihen sich kleine Wasserfälle aneinander, fließen ineinander, nur, um sich wieder zu teilen. Gemächlich treiben wir an dieser Wand des unsteten Wassers vorüber.
Langsam ändern sich die Wände um uns herum. Wo sie vorher noch steil und schroff waren, weichen sie nun sanfteren, hügelähnlicheren und der ganze Fjord wird mehr zu der ausladenden U-Form, die ihm allgemein eigen ist. Es macht wirklich Spaß, diesen Übergang so langsam erleben zu dürfen.
In Ruhe den Fjord und die Seehunde entdecken
Dank unserer Gemächlichkeit haben auch die Fjordbewohner Zeit, sich an uns zu gewöhnen. Am Anfang hielt ich sie für Treibholz – aber als dieses dann plötzlich wegtauchte und Kylie „seal!“ rief, wusste ich, dass wir schon seit Längerem verfolgt wurden.
Seehunde folgten uns immer wieder in größeren Abständen. Meistens in einer Dreiergruppe. Gerne schwammen sie hinter uns in einer kurzen Entfernung von vielleicht 20m her. Immer wieder schwammen sie weg, tauchten woanders auf, kamen näher und ließen sich treiben. Einen erwischen wir sogar dabei, wie er sich auf einem großen Felsbrocken am Ufer räkelt und nur mit Mühe ins Wasser robbt, als wir uns nähern. Diese kleinen süßen Torpedos!
Preikestolen mal aus einer anderen Sicht
Sie folgen uns den ganzen Tag. Während sie unsere Kajaks neugierig begutachten, lassen wir unsere Blicke immer wieder die Wände hochschweifen. Irgendwann sollen wir den Preikestolen von unten erblicken können.
Mittlerweile spüre ich meine Arme schon ganz schön stark. Als ich an dem Punkt angelangt bin, an dem ich von mir aus genug für den Tag hatte, sind wir noch 2,5 Stunden von unserem Nachtlager entfernt. Ja, es wurde sehr anstrengend. Aber was soll ich sagen? Wenn man die riesen Felskanzel, den Preikestolen, vom Wasser aus erblickt, dann vergisst man ganz schnell seine kleinen Wehwehchen.
Von hier unten sieht die Felskanzel so klein aus, aber allemal markant. Die Felsen sind wieder schroffer und steiler geworden, dieses Massiv hebt sich deutlich von den umliegenden ab. Und ganz oben, klein wie meine Faust erblicke ich dieses wundersame eckige Gebilde.
Die gute Nachricht für meine Arme ist – von hier aus ist es nicht mehr weit zum Nachtlager. „Nur noch“ einmal über den Fjord, ab in die Bucht und anlegen. Dieses „mal eben“ entpuppt sich dann doch noch als eine Tour von einer guten halben Stunde, aber ich freue mich schon so auf das Abendessen, dass ich für den Endspurt noch einmal alles gebe.
Das Jedermannsrecht – ein Garant für wunderschöne Schlafplätze
In der Bucht von Dorviga schlagen wir unsere Zelte auf. Dank des
Jedermannsrechtskönnen wir uns einen
Zeltplatz mit Premium-Aussicht aussuchen. Direkt am Strand, mit Blick auf den Fjord, aber durchaus von den Bäumen am Ufer geschützt. Ein idealer Angel- und Schlafplatz für müde Paddler. Unser Abendessen schmeckt köstlich! Nudeln mit Pesto, Oliven und einer Pepperonisalami. Es schmeckt so gut, wenn man was dafür getan hat!
Als wir in unseren Zelten liegen, höre ich die nächtliche Ruhe – eine Melodie der Entspannung. Schlafen kann ich trotzdem nicht. Meine Arme entspannen sich nicht. Sie brennen, tun weh, sie hindern mich am Einschlafen. Und doch freue ich mich auf den zweiten Tag wie ein Wombat auf sein Fressen.
Wind und Wetter und 8km bis Forsand
Irgendwann bin ich wohl doch eingeschlafen, denn ich werde davon geweckt, dass Regen draußen auf unser Alugeschirr tropft und ein kleines Wachwerd-Lied für mich spielt. Zum Glück lässt der Regen etwas nach, sodass wir frühstücken können, ohne komplett durchnässt zu werden. Dann schnell alles zusammenpacken und in den Kajaks verstauen, denn der Regen wird wieder stärker.
Als wir schließlich alle wieder in unseren Booten sitzen, öffnet der Himmel seine Schleusen und lässt die Regentropfen auf dem Wasser tanzen. Kylie freut sich wie ein kleines Kind – und sie hat recht: es macht unglaublichen Spaß bei so einem Schauer zu paddeln. Die Elemente zu spüren und mit aller Kraft gegen das unruhige Wasser anzupaddeln. Unsere bunten Kajaks wippen auf dem Wasser auf und nieder. Meine Arme haben sich erstaunlich erholt, mit neuer Energie paddeln wir dem Fjordende, Forsand, entgegen.
Je näher wir Forsand kommen, desto heller wird der Himmel vor uns und der Regen lässt langsam nach. Fast zeitgleich erreichen wir den Hafen dieses kleinen Ortes, ziehen müde die Kajaks an Land, tragen sie zum Fähranleger und genehmigen uns die erste Pause an diesem Tag.
Bis die Fähre uns zurück nach Lysebotn bringt, dauert es noch ein Weilchen. Genug Zeit für mich, um einmal das Angeln auszuprobieren. Zum Glück hat kein Fisch angebissen, meine Arme waren doch ein wenig weich.
Die Fähre bringt uns in nur einer Stunde zu unserem Startpunkt von gestern. Eine kurze Stunde. In der Zeit kann man sich den Lysefjord anschauen, aber nicht in so einem Ausmaß erleben und wahrnehmen, wie wir es tun konnten. Zu weit ist man vom Wasser entfernt, zu dröhnend ist das große Schiff und zu plappernd sind die anderen Fahrgäste, die nicht wissen, was es bedeutet, einen Fjord komplett mit eigener Muskelkraft zu erpaddeln.
Ich will wieder zurück nach Norwegen. Das hört sich wirklich nach einer tollen 2-Tages-Tour im Kajak an. Wir waren zwar nur 4 Stunden unterwegs, aber mein Bericht ist demnächst auch fertig ;-)
Ich will auch wieder zurück!!! Eure Tour mit der inklusiv-Wanderung klingt aber auch echt spannend! Zwei Tage waren aber wirklich schon Sahne :D
Wiedermal ein schicker Bericht, da wird man glatt neidisch! Tolle Bilder
Vielen Dank! Ich gebe mir Mühe, neidisch machende Berichte zu schreiben :D Und euch raus vor die Tür zu jagen :D
Herrliche Bilder die du da gemacht hast! Ich plane gerade unsere Kajaktour durch Norwegen und suche nach Inspirationen. Das hat mich inspiriert!
Liebe Grüße aus Köln
Paula
Sehr gern geschehen! Ich werde diese Tour auch nie vergessen :D
Ich war mit meinem Sohn im Juni dort möchte am liebsten sofort wieder hin.