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Bergfrühling auf dem Klettersteig Lehner Wasserfall

Bei Sonne und angenehmen 18 Grad kommt mir die Gischt des nahen Wasserfalls sehr gelegen, der Fels ist warm und es riecht nach warmen Almenwiesen voller Blumen. An keinem anderen Ort will ich in dem Moment sein, gesichert laufe ich über die schräge Platte, unter meinen Füßen eine Menge Luft, vor mir in seiner ungebändigten Wildheit der Lehner Wasserfall im Ötztal.

Wir haben den perfekten Tag erwischt, um am Pfingstwochenende einen der schönsten Klettersteige Tirols zu gehen. Milde Frühlingsluft und viel Sonne, der Fels trocken und wir sehen einiges an Schmelzwasser, sodass der Lehner Wasserfall schon von Weitem traumhaft sprudelt. Oben auf den Großen dieses Tals liegt noch massig Schnee, von hier unten sieht dieser ganz unschuldig aus, doch oben ist es noch richtig winterlich.

Ich hab mir natürlich Gedanken gemacht, dass dieser Tag auch sehr viel andere Ferratisten anlocken würde, dass wir bloß nicht zu spät starten sollten und dass ich bei der C-Einstiegswand nicht zu langsam sein darf, um die anderen nicht aufzuhalten. Haha, ihr merkt schon, zu viele Gedanken mal wieder. Und im Endeffekt haben wir einfach alles entspannt und dadurch richtig gemacht.

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Rauschender Einstieg im Ötztal

Wir starten gegen 10 Uhr am Parkplatz mit einigen anderen. Manche schlendern in ihrem Gurt über den Parkplatz, schauen prüfend nach oben – mein Blick folgt dem ihrigen. Ist dort schon viel los? Wie viel Schatten, wie viel Sonne werden wir haben? Ich beschließe, dass ich meinen Gurt wirklich erst oben am Einstieg des Klettersteigs anlege. Soooo bequem ist er nun wieder auch nicht, außerdem komm ich mir sonst so babo-mäßig vor, ‚heey, schaut her, ich mache jetzt nen geilen Klettersteig‘. Hrhrhr oder so ähnlich.

Also folgen wir einfach einer kleinen Gruppe hoch in den Wald und schnaufen uns Meter um Meter den Berg hoch, knapp neben des Wasserlaufs entlang. Hömma, bis wir am Einstieg mit der kleinen Brücke sind, ist mir schon viel zu warm. Und jetzt noch Helm, Handschuhe und Gurt an? Könnte mich gefühlt auch einfach nur in das kühle Nass stürzen. Aber nein, das möchte ich mir ja noch von weiter oben anschauen.

Ich freu mich so sehr, mein letzter Klettersteig ist schon etwas her. Ich glaube, es war der Ferrata Sasse am Idrosee. Also nun: here I am again! Ich schwör, ein kleines Kribbeln hatte ich im Bauch. Die Brücke ist schnell passiert, dann einmal ums Eck gekraxelt und dann beginnt der Lehner Wasserfall-Klettersteig erst so richtig. Die C-Wand türmt sich vor uns auf, unten steht die größere Gruppe, die wir zuvor gesehen hatten am Parkplatz. Ich habe keine Angst vor der Wand, trainiere ich doch seit einigen Wochen meine Arme beim Toprope-Klettern. Ich bin einfach nur voller Vorfreude auf diese Tour. Passenderweise braucht die große Gruppe noch Zeit, sodass wir schnell unsere Karabiner ins Stahlseil einklinken können.

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Und da ist es endlich wieder – das eiserne Klacken der Karabiner am Klettersteig Lehner Wasserfall

Wow, wie habe ich die Felsen vermisst, die Vertikale im Freien, die Sonne, das Licht, dieser pure Genuss von Freiheit und Stärke. Dann zeigt mal, Arme, wie elegant ich diese Wand hochkomme!

Lach, ja, ich bin die Wand gut hochgekommen, wir standen auch nicht im Stau, die Ferratisten haben sich zeitlich die Wand perfekt aufgeteilt. Ich hab aber wohl an einer Stelle dumm geguckt und mich dabei verdreht, denn ich merke bald, wie mein rechter Nackenstrang verkrampft, Kopf drehen geht nur noch nach links. Aber ehrlich – das war mir in dem Moment total egal. Ich wusste, dass ich den Steig einfach machen konnte, dass dabei meine Nackenmuskulatur nicht zwingend zu 100% gehorchen musste.

Nach dieser steilen Einstiegswand folgt eine entspannte Laufpartie, dann ein schöner Pfeiler für spektakuläre Fotos und bald darauf das wunderschöne Band, auf dem man gut gehen und den Wasserfall bestaunen kann. Die Sonne glitzert auf den einzelnen Wassertropfen, die als Gischt zu uns herüberweht. Der Fels unter meinen Händen fühlt sich vertraut an, als wären nicht 11 Monate verstrichen, seit ich das letzte Mal auf einem Klettersteig unterwegs war. Irgendwo weit vor uns sehe ich drei Kletterer, hinter mir lange nichts. Ich komme kaum aus dem Staunen raus – wo sind denn nur all die Sportis, die unten herumtigerten? Wenn ihr mal hier seid und genauso viel Nichts um euch herum habt wie wir – bleibt einen Moment auf dem Band stehen. Genießt die Aussicht, lauft nicht nur auf dem Klettersteig, den Blick beständig nach unten gerichtet. Haltet einmal kurz ein, gönnt euch einen Blick zurück ins weite grüne Ötztal. Genießt die Farbenpracht, die Geräuschkulisse, die Wildheit der Berge. Bah, jetzt wird’s kitschig. Zurück zum Steig.

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Auf der leichten Variante hoch zur Seilbrücke (und dann doch nicht drüber)

Ich wusste, sobald es eine Abzweigung kommt, ist der Steig leider fast schon vorüber. Und nach einigen fröhlichen Umsicherungsklicks weist mich ein Schild darauf hin, wo nun welcher Weg weiterführt. Sehr süß, ein Wegeschild direkt am Fels. Finde ich aber gut, denn am Lehner Wasserfall sind bestimmt auch viele Leute unterwegs, die sich nicht gescheit die Topo vorher angeschaut haben. Ich möchte auf keinen Fall die schwere Variante gehen, denn die geht über lange Zeit D/E. Also unnette Überhänge direkt am Wasserfall. Sieht bestimmt mega aus, dort zu klettern. Ich mach aber lieber Fotos aus der Ferne. So weit bin ich nicht, werde ich vielleicht nie sein.

Also rechts herum und ab auf die B/C-Variante. Auch hier kann man sich an einem minikleinen Überhang probieren. Und ich so: Och nööö, das sieht anstrengend aus.

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Ich erfreue mich einfach an den schönen Tritten, der Perfektion des Steiges, dem frühlingsrauschenden Wasserfall. Leute, das Leben ist so schön hier oben!

Ich ziehe mich über die letzte Kante, das Gelände flacht schnell ab, hier ist also bereits das Ende des Steigs. Wir laufen noch zum Buch, setzen uns angeseilt auf die Bank und genießen einfach nur die Aussicht. Klar, hier geht es noch weiter zur Seilbrücke, auf der man sich klatschnass sprühen lassen kann. Aber diese Seilkonstruktion ist heute nicht meins.

Nur ein Handlauf, reizt mich nicht, aber muss es ja auch nicht, denn es soll ja einfach nur Freude bereiten beim Klettern. Wasser und Drahtseil so in Kombi finde ich nicht so prickelnd. Beides allein ist ok, aber für den Moment sitze ich einfach, schau den anderen zu, bin selig. Und da Nico auch nicht so heiß drauf ist, laufen wir einfach oben über den Wasserfall hinweg, über die normale dickholzige Brücke. Haben wir jetzt das Highlight der Tour bewusst ausgelassen? Ich glaube nicht, denn für mich war einfach der Fels, der (Wasser-)Fall, die Freude das Größte an der Tour.

Im Abstieg laufen wir durch Wald, angenehm schattig, einfach hinunter bis zum Parkplatz. Und dort gibt es zur Belohnung erstmal Pizza vom Vorabend. Hey, es gibt doch wirklich nichts besseres als Klettersteig und danach kalte Pizza, oder?

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Meine Einschätzung zum Lehner Wasserfall Klettersteig

Wer gerne im Schwierigkeitsgrad C unterwegs ist, sollte hier unbedingt hin. Der Steig ist sehr gut ausgebaut, ich hatte mit meinen 1,65m an keiner Stelle Probleme, an die Griffe und Tritte zu gelangen. Man merkt, dass der Klettersteig super viel begangen wird. Der Fels ist an manchen Stellen schon rund, es gibt aber sehr viele Tritte, hier soll es einem einfach gut gehen. Die Einstiegswand mit C hat definitiv ihre Länge, ist aber auch die schwerste Stelle, wenn man weiter oben dann die leichte Variante des Steigs wählt. Ich find’s total gut, dass der Klettersteig so vielfältig gebaut wurde. Im Grunde können ihn alle fortgeschrittenen Ferratisten gehen und wer mehr Action braucht, kann die D/E-Stellen sowie die Seilbrücke oben mitnehmen. Zwischendurch gibt es immer wieder kleine Plateaus zum Rasten, hier überanstrengt man sich nicht.

Dies ist nur meine persönliche Einschätzung, bitte schaut euch die Topo selbst an und entscheidet nach eurem Können und Wohlfühlen, ob der Steig was für euch ist. Ich möchte euch nur inspirieren.

Zur Beschreibung Topo des Lehner Wasserfall Klettersteigs

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