Mia Murmeltier oder warum es lohnt, sich den Winter genauer anzuschauen

Die Idee des Outdoor-Adventskalenders war, dass Geschichten für Weihnachten zum Besten gegeben werden sollten. Super Idee, danke an Sven von aufundab dafür. Da mache ich natürlich auch mit. Spitzt die Ohren und lauscht einer echten outdoor – Geschichte für gemütliche Märchenabende.

Mia Murmeltier und die Magie vom großen Weiß

Empfindlich kühl sauste der winterliche Alpenwind durch Mias dickes Fell. Prüfend stellte sie sich auf ihre kurzen Hinterbeine und schnupperte in die klare Luft. Fast verdorrte Gräser, feuchte Erde, in der man wunderbar wühlen könnte und eine Vorahnung vom großen Weiß. Mia musste sich sputen, wollte sie sich ihren Bauch für dMia Murmeltier_2en Winterschlaf noch vor dem ersten starken Frost vollfuttern.

Doch was war das? Zart wie ein später Sommertraum flatterte vor ihren aufgeregten Nasenhaaren ein allerlieblichster Schmetterling umher. Nichtsahnend von der anstehenden Kälte. So viel Schönheit und Anmut ließen Mia jauchzen und dem Flattermann frohmütig hinterher springen. Und natürlich, vor lauter Frohsinn vergaß sie das doch so notwendige Futtern.

Spät am Abend kehrte sie in den Bau zu den anderen Murmlern zurück. Aneinander gekuschelt lagen sie schon dort in der warmen Kuhle und rieben ihre kugelrunden Bäuche entspannt aneinander. Ein Schnarcher hier, ein zufriedener Seufzer dort – der Winterschlaf konnte kommen.DSCF1120

Und Mia? Mia lag da, die Augen zur Decke gerichtet und ihr Bauch gab leise Geräusche von sich. War das etwa Hunger? Aber das durfte nicht wahr sein, dachte sie sich. Es war doch nun Winterschlafzeit! Wie alle Murmeltiere möchte sie nun gerne ein halbes Jahr in kuscheliger Geselligkeit dösen und vom saftigen Frühling träumen, mit all seinem Gesummse und Gebrummse. Mit leckeren Knospen und ersten zarten Dufteblumen. Aber da… schon wieder knurrte ihr Magen. Das darf doch nicht wahr sein. Mit einem Grunzen drehte sich Mia auf alle Viere und robbt vorsichtig an den Rand der Höhle, um die anderen nicht zu wecken.
Und was jetzt? Schlafen konnte sie nicht, etwas zu futtern gab’s hier nicht. Und draußen war es ungemütlich kalt. So kalt, dass das weiße Puder wiedergekommen war – und so weit unten am Berg wie sonst nie im Jahr. Es bleibt immer so klumpig zwischen ihren kleinen Zehen hängen und stört dann bei jedem Schritt. Gar nicht schön.

Leise und ganz sanft suchte sich eine klitzekleine Träne ihren Weg durch das weiches Fell. Ganz alleine, einen Mia_Murmeltier_3ganzen Winter, ohne Teil der wunderschönen Träume der Murmelbande sein zu können. Die Einsamkeit schnürte Mia fast den Hals zu.
*hick
*hick *hick

Auch das noch… einen Schluckauf konnte sie jetzt mal gar nicht gebrauchen. *hick
Abgelenkt vom lauten widerhallenden Geräusch hörte sie nicht das leise Scharren. Es schien aus der Richtung des Höhleneingangs zu kommen… DA! Schon wieder! Mia hickste weiter traurig vor sich hin und hörte nur ihren Magen knurren.

Das Scharren kam immer näher und wurde immer lauter. So laut, dass auch schließlich Mia es hörte.
Aufgeregt hielt sie den Atem an. Bauchknurren und Traurigkeit waren verflogen – der Eindringling musste verjagt werden!
Blitzschnell sprang sie auf und tappste vorsichtig Richtung Höhleneingang. Der Weg dorthin schien endlos zu sein. Jede Kurve, jede Windung war nasenhaarbrisant!
Vor der letzten Kurve blieb Mia leise stehen, atmete tief durch und… stellte fest, dass sie vor lauter Aufregung keinen Schluckauf mehr hatte! Erleichtert atmete sie geräuschvoll aus. Puh!
Aber was war das? Das Scharren hatte aufgehört. Eine eisige Stille breitete sich im Gang aus. Mia schnupperte. Es roch nach frischer Erde und nach kaltem Weiß. Ganz viel kaltem Weiß! Aber da war noch was, ein anderer Geruch, der ihr unbekannt war.

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Hallo?, zaghaft klang eine Stimme zu ihr herüber. Mia drückte sich noch näher an die Tunnelwand.
Halloooo, die Stimme wurde lauter und das Scharren fing wieder an.
Ich heiße Leo und wer bist du?
Mutig geworden antwortete Mia: Ich bin Mia und du stehst in meiner Wohnungstür.
Augenblicklich hört das Scharren auf.
Oh, ‚tschuldigung! Das wusste ich nicht. Hier wohnst du?, ein nahes Schnuppern ließ Mia erstarren. Was sollte sie jetzt tun? Sie dachte an ihre Murmelbande und wie entspannt sie alle schliefen und nichts von dieser Gefahr mitbekamen. Sie durfte jetzt keine Angst zeigen! Entschlossen machte Mia einen Schritt nach vorn und schaute prompt auf die Nase von Leo.
Weiß war diese, mit vielen weichen Härchen, fast wie ihre eigene. Aber der Rest sah schon sehr anders aus. Leo war ein Hase. Aber so einen hatte sie noch nie gesehen.
Mit großen Augen sah sie Leo an.
Bist du im großen Weiß geboren oder warum bist du überall weiß?
Und du?, fragte Leo zurück. Bist du so braun, weil du hier unter der Erde wohnst?
Hmmm…
Unverwandt starrten sie beide sich an. Bis Mia schließlich das Wort ergriff.
Und was machst du hier?
Verlegen putzte Leo sich seine Pfote.
Na ja… mir war langweilig, draußen will niemand mit mir spielen und dieser Gang hier sah spannend aus… oder wollen wir zusammen spielen?
Ganz aufgeregt von seiner eigenen Idee fing Leo an, in dem engen Gang auf und ab zu hüpfen. Da er aber eigentlich zu groß war, sah es einfach nur ulkig aus und Mia musste unwillkürlich kichern.
Später vielleicht, sagte sie. Aber erst einmal muss ich etwas zu futtern finden, mein Bauch ist schon ganz flach geworden. Ein lauter Seufzer folgte ihrer Aussage.
Was zu futtern? Aber warum holst du dir nicht einfach was? Ich kann dir zeigen, wo es noch leckeren Klee gibt. Komm mit!

Und mit einem kugeligen Hüpfer drehte sich Leo um und dampfte aus dem Tunnel davon. Mia schnupperte unentschlossen die kühle Luft von draußen ein. Roch eigentlich recht gut, gar nicht so eisig, nur etwas frisch. Und futtern musste sie sowieso. Warum also nicht?!

Erst noch langsam, dann immer schneller, bis ihr kleines Herz wild zu klopfen anfing, folgte sie Leo durch eine unglaubliche Winterlandschaft! Das große Weiß war gekommen! Es war überall! Und wie hübsch es aussah! Überall funkelte und glänzte es. Leo konnte sie leicht folgen, denn immer wieder hörte sie seine Freudenjauchzer von weiter vorn. Und verdammt, das steckte an! Mia ließ sich mitreißen von der fröhlichen Leichtigkeit. Noch nie war diese Kälte so bezaubernd gewesen!
Unter Ästen drunter her, über große Wurzeln und immer weiter ging es. Sie spielten fangen, futterten den wohl leckersten Klee ihres Lebens und kugelten sich die Hänge hinunter. Irgendwann sah Mia genauso weiß aus wie Leo – und nicht nur das verband sie nun, denn echte Freunde teilen im Herzen noch viel mehr miteinander.

ENDE

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Eine schöne Geschichtensammlung haben wir bereits beisammen! Gestern konntet ihr auf dem Höhenglücksteig unterwegs sein und morgen geht’s zu alpinfieber.

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